In diesem und den folgenden Beiträgen teile ich Ausschnitte aus meiner Bachelorarbeit, die ich 2021 zum Thema Achtsamkeit in Unternehmen geschrieben habe.
Achtsamkeit ist ein über 2.500 Jahre altes Konzept, das jedoch besonders in den letzten Jahren sowohl in der Forschung als auch im Mainstream eine hohe Aufmerksamkeit genießt. In hochdynamischen und unsicheren Zeiten, in denen die Digitalisierung, Globalisierung und Schnelllebigkeit immer weiter voranschreiten, ist die Schaffung eines Ausgleichs von hoher Bedeutung (Ruckriegel et al., 2015). Achtsamkeit nimmt mehr und mehr diese ausgleichende Rolle als Gegenpart zur allgegenwärtigen Geschwindigkeit ein und kann neue Ansätze zur Gesundheits- und Leistungsförderung für Gesellschaft und Unternehmen anbieten.
"Die Fehlzeiten der Berufstätigen unter der Diagnose von psychischen Störungen lagen im Jahr 2019 um 100 Prozent höher als in 2000 (vgl. Abb. 1), die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund der Diagnose Burn-Out hat sich zwischen 2009 und 2018 verdoppelt (Meyer et al., 2019)."
Viele Menschen suchen in Alltag und Beruf nach Entschleunigung. Diesen Bedarf zeigt die steigende Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage und Erwerbsminderungsrenten aufgrund von psychischen Auffälligkeiten und Verhaltensstörungen, worunter Symptome und Krankheiten in Zusammenhang mit den Folgen von Stress, hohen Anforderungen und Belastungen eingeordnet sind (Bessel & Grobe, 2020; Chang-Gusko et al., 2019). Die Fehlzeiten der Berufstätigen unter der Diagnose von psychischen Störungen lagen im Jahr 2019 um 100 Prozent höher als in 2000 (vgl. Abb. 1), die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund der Diagnose Burn-Out hat sich zwischen 2009 und 2018 verdoppelt (Meyer et al., 2019). Die Grafik zeigt, dass psychische Erkrankungen im Vergleich zu somatischen Erkrankungen einen überproportionalen Anstieg aufweisen.
Achtsamkeit kann einigen dieser Symptome und Krankheiten nachweislich vorbeugen und diese sogar nachhaltig und effektiv behandeln (z.B. Vorbeugung von Burnout (Chang-Gusko et al., 2019; Hülsheger et al., 2013) oder Reduzierung von Depressionen (Glomb et al., 2011; Heidenreich et al., 2018; Hilton et al., 2019; Janssen et al., 2018)). Die Forschung zu den Effekten von Achtsamkeit auf der Individualebene ist sehr erfolgversprechend und belegt die vielseitige Einsetzbarkeit und Wirksamkeit des Konzepts.
Unternehmen sehen sich ebenfalls mit oben genannter Schnelllebigkeit und Komplexität konfrontiert. Die heutige Arbeitswelt ist geprägt von Multitasking, zunehmender Konkurrenz, einem schnellen Voranschreiten des technologischen Fortschritts und einer Neubewertung von Werten und Normen. Häufig werden diese und weitere Umstände durch den Begriff „VUCA“ beschrieben und zusammengefasst, eine Abkürzung für die englischen Begriffe Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (votality, uncertainty, complexity, ambiguity) (Buchholz & Knorre, 2019). Aus einer von VUCA geprägten Welt resultieren hohe Ansprüche an die Agilität und Flexibilität von Unternehmen, inklusive seiner Führungskräfte und Beschäftigten (Amberg, 2016; Chang-Gusko et al., 2019).
Dies führt zu der Überlegung, ob und inwieweit sich die Wirkungen der Achtsamkeit von der Individualebene auf Unternehmen übertragen lassen. Achtsamkeit könnte auch für Unternehmen ein vielversprechendes Konzept darstellen, sowohl präventiv im Umgang mit bereits erwähnten Herausforderungen als auch für innovative und effektive Maßnahmen zur Steigerung des Unternehmenserfolgs.