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3. ACHTSAMKEIT ALS ERFOLGSELEMENT IN UNTERNEHMEN Effekte und Auswirkungen der Achtsamkeit

Aktualisiert: 11. Sept. 2021

Eine Vielzahl positiver Effekte von Achtsamkeitstrainings auf die Gesundheit, Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden sowohl gesunder als auch erkrankter Menschen kann mittlerweile belegt werden.



In diesem Abschnitt sollen besonders die Effekte von Achtsamkeit erläutert und dargestellt werden, die den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen können. Hierbei erfolgt eine Einordnung der Effekte in den unternehmerischen Kontext, was der Vorbereitung für die Handlungsempfehlungen im späteren Verlauf dieser Arbeit dient. Diese Einordnung erfolgt zum Teil literaturbasiert, zum Teil hypothetisch, was weiteren Forschungsbedarf vermuten lässt.


Eine Vielzahl von Studien belegt, dass eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis psychologisches, emotionales und allgemeines Wohlbefinden fördert (Carmody & Baer, 2008; Glomb et al., 2011; Heidenreich et al., 2018; Hilton et al., 2019), Lebensqualität, -zufriedenheit und -freude, sowie die persönliche Erfülltheit steigert (Glomb et al., 2011; Hehn & Hehn, 2018; Heidenreich et al., 2018; Hilton et al., 2019; Janssen et al., 2018) und die allgemeine psychische und physische Gesundheit verbessert (Heidenreich et al., 2018; Hülsheger et al., 2013).

Die positive Wirkung von Achtsamkeit auf Stress und damit einhergehenden Belastungen ist dabei die Auswirkung, die am häufigsten genannt und belegt wird. Dies ist insbesondere im Arbeitskontext von hoher Bedeutung; einerseits, weil die Wahrnehmung von Stress in den letzten Jahren angestiegen ist und andererseits, weil die Arbeit mit 46% der häufigste Stressauslöser der Deutschen ist (Hombrecher & Wohlers, 2016).

Durch Achtsamkeitstrainings wird arbeitsbezogener Stress und spezifischer die schädliche Form von Stress, der sogenannte Distress, reduziert. Auch die Wahrnehmung des eigenen Stresslevels verändert sich zum Positiven - Stress wird weniger stark empfunden (Arredondo et al., 2017; Carmody & Baer, 2008; Glomb et al., 2011; Hehn & Hehn, 2018; Heidenreich et al., 2018; Hilton et al., 2019; Hölzel & Braun, 2017; Janssen et al., 2018; Sutcliffe et al., 2016) und kann anders bewertet werden (Hülsheger et al., 2013), was sich auch auf physischer Ebene bemerkbar macht: Durch Achtsamkeit wird die messbare Herzfrequenzvariabilität positiv beeinflusst (Altner et al., 2018; Schaufenbuel, 2015), Muskelspannung, Blutdruck und Puls werden harmonisiert (Altner et al., 2018).


Die Autoren Hehn und Hehn (2018) konstatieren, dass der Umgang mit Stresssituationen verbessert wird und medizinische Probleme, die mit Stress einhergehen oder daraus resultieren, abnehmen können - darunter Angst, Panik, Depression und Reizbarkeit. Auch andere Autoren und Studien belegen die positiven Wirkungen auf Angststörungen, allgemeine Ängstlichkeit und akute Angst (Arredondo et al., 2017; Glomb et al., 2011; Heidenreich et al., 2018; Reb et al., 2014) sowie auf Depressionen (Glomb et al., 2011; Heidenreich et al., 2018; Hilton et al., 2019; Janssen et al., 2018). Die vorbeugenden Auswirkungen von Achtsamkeitstrainings (Chang-Gusko et al., 2019; Hülsheger et al., 2013) und Achtsamkeit als Behandlungsmaßnahme sind auch für das Burn-Out Syndrom zutreffend (Arredondo et al., 2017; Luken & Sammons, 2016).


Kabat-Zinn (2018) erklärt Stress zu einem Auslöser chronischer Krankheiten, denen durch Achtsamkeit vorgebeugt werden kann - gleichzeitig betont der Autor, dass „[...] oft ... nicht die Stressauslöser selbst das Problem [sind], sondern vielmehr die Art und Weise, wie wir uns darauf beziehen. Denn Stressauslöser gibt es überall im Leben." (Kabat-Zinn, 2016, S.135). Stress ist also nicht das Kernproblem, sondern vielmehr die Art und Weise, wie Personen damit umgehen; insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Empfindung und die Bewertung von Stresssituationen von Person zu Person individuell unterschiedlich sein können.

Umso sinnvoller ist es also für Unternehmen, in denen stressverursachende Situationen häufig auftreten, dass zusätzlich zur Stressreduktion jede Person lernt, ihren individuellen Stresspegel mithilfe von Achtsamkeitsübungen zu regulieren. Wenn Beschäftigte weniger Stress erleben, wirkt sich dies positiv auf die Konzentration und damit auf die Produktivität und Aufgabenerledigung aus (Gebauer & Brückner, 2018). Auch können Unternehmen von reduzierten Kosten und Produktivitätsausfällen profitieren, weil die Anfälligkeit für Stress und dadurch bedingte Ausfälle sinkt (Chang-Gusko et al., 2019).


Weitere gesundheitsfördernde Auswirkungen der Achtsamkeit sind die Reduktion emotionaler Erschöpfung (Gebauer & Brückner, 2018; Hülsheger et al., 2013; Sutcliffe et al., 2016) und eine verbesserte Schlafqualität (Glomb et al., 2011; Hilton et al., 2019; Janssen et al., 2018; Sutcliffe et al., 2016). Es erscheint plausibel, dass auch diese Effekte den Unternehmenserfolg durch die Reduktion von Krankheits- und Produktionsausfällen mitsamt daraus resultierender Opportunitätskosten begünstigen.


Ebenfalls günstig für die Gesundheit aller Unternehmensbeteiligten ist die stärkende Auswirkung von Meditation und Achtsamkeitstrainings auf das Immunsystem (Hehn & Hehn, 2018; Reb et al., 2014) und eine bedeutende Zunahme der Resilienz (Chang-Gusko et al., 2019; Glomb et al., 2011; Kabat-Zinn, 2016; Soucek et al., 2018). Resilienz bedeutet die psychische Widerstandsfähigkeit eines Individuums und umfasst Stabilität, Entschlossenheit und die Lust auf Herausforderungen. Menschen, die eine hohe Resilienz aufweisen, werden im Durchschnitt seltener krank und fehlen somit seltener bei der Arbeit (Kabat-Zinn, 2016). Individuelle Resilienz, die bereits durch ein einmaliges Achtsamkeitstraining aufgebaut werden kann, hält zudem langfristig an – bei einer Untersuchung an Teilnehmenden drei Jahre nach einem klassischen achtwöchigen MBSR-Training, konnte festgestellt werden, dass die Resilienz weiterhin stark ausgeprägt war (Kabat-Zinn, 2016).


Achtsamkeitstrainings wirken sich ferner positiv auf das Selbstvertrauen, die Selbstakzeptanz, Gelassenheit und Ausgeglichenheit aus (Hehn & Hehn, 2018). Zudem stärkt Achtsamkeit das Arbeitsengagement der Mitarbeitenden (Chang-Gusko et al., 2019; Janssen et al., 2018; Sutcliffe et al., 2016), was nach Sutcliffe et al. (2016) mit der gesteigerten Resilienz in Zusammenhang steht.


Ferner konnte eine verbesserte Leistungsfähigkeit (Gebauer & Brückner, 2018; Chang-Gusko et al., 2019) und Effizienzsteigerung (Chang-Gusko et al., 2019) bei Achtsamkeitspraktizierenden bestätigt werden. Dies legt den Gedanken nahe, dass die Qualität der Arbeit und die Produktivität eines Unternehmens durch diese Effekte verbessert werden können, was wiederum die Ertragswirtschaftlichkeit positiv beeinflussen kann.


Zwei weitere Qualitäten, die durch Achtsamkeitsübungen gestärkt werden, sind für die Leistungsfähigkeit und Aufgabenbewältigung in Unternehmen von hoher Bedeutung: Zum einen die Konzentration (Gebauer & Brückner, 2018; Hölzel & Braun, 2017; Kabat-Zinn, 2016), zum anderen die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitsregulation. So kann bereits nach relativ kurzen Trainingsphasen die Aufmerksamkeit verbessert werden, Störreize können besser ausgeblendet werden, und die Fokussierung auf das angestrebte Ziel wird gestärkt (Hölzel & Braun, 2017).


Überdies wird es den Praktizierenden ermöglicht, eine neue und objektivere Wahrnehmung sowie neue Denk- und Verhaltensmuster zu verankern. Festgefahrene Denkmuster können durch regelmäßiges Meditationstraining bewusst unterbrochen und aufgelöst werden (Amberg, 2016; Sutcliffe et al., 2016) und das sogenannte „Schubladendenken“ wird vermieden (Chang-Gusko et al., 2019), wodurch eine wertfreie und umfassende Auffassung von Informationen ermöglicht wird. Für Unternehmen könnte dies insofern von Relevanz sein, als wichtige Details oder Informationen umgehend verwertet werden können, anstatt im schlimmsten Fall verworfen oder falsch bewertet zu werden.


Aufgrund der nachweislichen Neuroplastizität des Gehirns ist es für Menschen jeder Altersklasse möglich, mit Achtsamkeitsmeditationen gewohnte Verarbeitungs- und Reaktionsmuster umzulernen (Amberg, 2016), wodurch eine verstärkte Offenheit für vielfältige Perspektiven Einzug hält (Chang-Gusko et al., 2019). Diese neue Wahrnehmung und die entstandenen Freiräume auf neuronaler Ebene erleichtern die kreative Lösung komplexer Problemstellungen (Hölzel & Braun, 2017; Sauer et al., 2011), die Erzeugung kreativer Ideen (Chang-Gusko et al., 2019; Hölzel & Braun, 2017; Sauer et al., 2011; Sutcliffe et al., 2016) und die Innovationsfähigkeit (Sutcliffe et al., 2016).


Das Entstehen innovativer Ideen und das Lösen komplexer Problemstellung sind für den Bestand und Erfolg einer Unternehmung - unabhängig von Größe, Branche und Kerngeschäft - von immenser Bedeutung. Hölzel und Braun (2017) halten diese Fähigkeiten für entscheidende Wettbewerbsvorteile, insbesondere in Zeiten, in denen mehr und mehr auf Technik gesetzt wird. Ein Praxisbeispiel unterstreicht diese Aussage: Der Direktor Unternehmensentwicklung der Sparda Bank in München, wo Achtsamkeit bereits länger praktiziert wird, hält achtsame und stärkenorientierte Menschen für „knallharte ökonomische Erfolgsfaktoren“ und unterstreicht, dass das Unternehmen durch Achtsamkeit tatsächlich effizienter wird, und nicht durch den „[...] Einsatz bestimmter IT-Lösungen.“ (Gertz, 2016, S.54).


Ferner wird durch praktizierte Achtsamkeit das Risiko vermindert, nach dem sogenannten "Sunk-Cost-Bias" zu handeln (Amberg, 2016; Sutcliffe et al., 2016). Der Sunk-Cost-Bias beschreibt die Neigung, sein Handeln an bereits investierten Kosten, statt am zu erwartenden Gewinn auszurichten (Amberg, 2016, S.38) und dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit noch mehr Kosten zu „versenken“. Achtsamkeitstrainings wirken diesem Phänomen durch die Fähigkeit, Situationen und Informationen mit einer höheren Objektivität zu bewerten, entgegen.


Durch Achtsamkeitsübungen können außerdem die Entscheidungsfindung verbessert (Chang-Gusko et al., 2019; Sauer et al., 2011; Schaufenbuel, 2015; Sutcliffe et al., 2016) und Situationen mit einer höheren Objektivität eingeschätzt werden, woraus präzisere Prognosen resultieren (Glomb et al., 2011). Achtsamkeitspraktizierende erhöhen zudem ihre geistige Ausdauer, Gedächtnisleistung, erhalten und steigern ihre kognitive Flexibilität (Sutcliffe et al., 2016; Zeidan et al., 2010), verbessern ihr Arbeitsgedächtnis (Chang-Gusko et al., 2019, Hehn & Hehn, 2018) und profitieren von schnelleren Reaktionszeiten (Hehn & Hehn, 2018). Es erscheint plausibel, dass diese Auswirkungen die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten verbessern, was wiederum die Produktivität und Ertragswirtschaftlichkeit eines Unternehmens begünstigt.


Ferner wird durch Achtsamkeit die metakognitive Bewusstheit entwickelt, welche den Aufbau einer Distanz zu den eigenen Gedanken und Emotionen ermöglicht. Dadurch wird verhindert, dass Personen sich zu stark und fälschlich mit diesen Gedanken und Emotionen identifizieren oder sie als die einzige und absolute Realität sehen. Diese Haltung gegenüber den Gedankeninhalten unterstützt den konstruktiven Umgang mit negativen Emotionen und wird „decentering“, oder in deutscher Sprache „Desidentifikation“ genannt (Altner, 2018; Heidenreich et al., 2018; Janssen et al., 2018; Stedham & Skaar, 2019).


Ein ebenfalls vielfach belegter Effekt von Achtsamkeit ist die Selbstregulierung. Glomb et al. (2011) zeigen, dass die verbesserte Selbstregulation von Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen in Verbindung mit einer erhöhten Leistung und verbessertem Wohlbefinden von Beschäftigten am Arbeitsplatz steht. Andere Autoren schreiben der verbesserten Selbstregulation zusätzlich die Erhöhung von Vitalität und Energie zu (Brown & Ryan, 2003; Glomb et al., 2011; Hülsheger et al., 2013; Reb et al., 2014; Sutcliffe et al., 2016). Eine Unterkomponente der Selbstregulation ist die Emotionsregulation, welche durch Achtsamkeit ebenfalls gesteigert wird (Hehn & Hehn, 2018; Hölzel & Braun, 2017; Sutcliffe et al., 2016) und als ein zentraler Wirkmechanismus von Achtsamkeit gilt (Glomb et al., 2011; Hölzel & Braun, 2017; Hülsheger et al., 2013).


Es lässt sich annehmen, dass sich diese Achtsamkeitseffekte besonders positiv auf die immateriellen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens auswirken, darunter die Mitarbeiterzufriedenheit, die Kommunikation oder das Betriebsklima.


Des Weiteren konnten Verbesserungen der Job- und Aufgabenperformance (Gebauer & Brückner, 2018; Glomb et al., 2011; Hülsheger et al., 2013; Sutcliffe et al., 2016), sowie Optimierungen in Qualität, Sicherheit und Verlässlichkeit der Leistungen und Produkte (Sutcliffe et al., 2016) beobachtet werden. Diese Effekte ergaben sich besonders in herausfordernden Kontexten, die von Komplexität, Dynamik und einer Null-Fehler-Toleranz geprägt waren.

Kollektive Achtsamkeit ermöglicht Organisationen außerdem einen effektiveren Umgang mit Katastrophen und erhöht die Sicherheit, mit der Organisationen agieren. Diese Sicherheit wird auch als „organizational reliability“ beschrieben (Vogus & Sutcliffe, 2012). Das Gesundheitswesen dient hierfür als eindrucksvolles Beispiel; qualitative Studien zeigten einen negativen Zusammenhang zwischen kollektiver Achtsamkeit und der Sterberate von Patienten sowie Medikationsfehlern (Sutcliffe et al., 2016). Es darf angenommen werden, dass sich diese Effekte auch auf andere Unternehmen übertragen lassen, insbesondere dann, wenn ähnlich herausfordernde Kontexte wie die oben beschriebenen vorherrschen.

Weitere bedeutsame Aspekte der Achtsamkeit für Unternehmen sind geringere Abwanderungs- und Fluktuationsraten (Gebauer & Brückner, 2018; Sutcliffe et al., 2016), verbesserte Ressourcenallokation und Kundenzufriedenheit (Sutcliffe et al., 2016) sowie die nachweisliche Vorbeugung der inneren Emigration von Beschäftigten (Chang-Gusko et al., 2019). Es ist anzunehmen, dass sich diese Effekte in ihrer Gesamtheit positiv auf die Kostenstruktur von Unternehmen auswirken, da Kosten, die durch die Mitarbeiterfluktuation entstünden, reduziert werden können. Zudem scheint es plausibel davon auszugehen, dass eine erhöhte Kundenzufriedenheit mit dem Gewinn von Unternehmen in positivem Zusammenhang steht und den Erfolg stark beeinflusst.


Ferner wirkt sich Achtsamkeit fördernd auf die Work-Life-Balance (Chang-Gusko et al., 2019; Sutcliffe et al., 2016), die Arbeitszufriedenheit (Sutcliffe et al., 2016) und das Wohlbefinden von Arbeitern aus, was für eine Vielzahl von Branchen und Berufen belegt wurde (Reb et al., 2014; Sutcliffe et al., 2016). Es kann die Annahme getroffen werden, dass diese Effekte branchenübergreifend und hierarchieunabhängig auftreten und in Unternehmen für Verbesserungen hinsichtlich Produktivität, Mitarbeiterzufriedenheit, Betriebsklima und Ertragswirtschaftlichkeit sorgen.


Andere qualitative Auswirkungen von Achtsamkeitstrainings sind die Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit (Hölzel & Braun, 2017; Reb et al., 2014), der Empathie (Hehn & Hehn, 2018; Hölzel & Braun, 2017; Sutcliffe et al., 2016) sowie der emotionalen Intelligenz (Reb et al., 2014). Wiederum ist anzunehmen, dass diese Verbesserungen sich positiv auf das Betriebsklima, die Mitarbeiterzufriedenheit, das Verhältnis von Führungskräften und Beschäftigten und langfristig auch die Unternehmenskultur auswirken.

Eine Studie konnte einen positiven Zusammenhang zwischen der Achtsamkeit von Führungskräften und dem Wohlbefinden und der Performance ihrer Angestellten feststellen (Sutcliffe et al., 2016). Lange und Rowold (2019) fanden einen negativen Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und abusiver Führung und einen positiven Zusammenhang zum transformationalen Führungsstil einer Führungskraft. Auch destruktive Tendenzen können durch Achtsamkeitstrainings abgebaut werden, darunter unbewusste implizite Vorurteile gegenüber Alter und Ethnie (Sutcliffe et al., 2016), impulsive Reaktionen (Sutcliffe et al., 2016) sowie Feindseligkeit und Aggression (Glomb et al., 2011). Diese Effekte könnten sich positiv auf das Betriebsklima und die Kommunikation in Unternehmen auswirken. Es lässt sich annehmen, dass die Auflösung oben angeführter Vorurteile mittelfristig zu einer höheren Diversität des Personals führt, was sich wiederum positiv auf den Erfolg des Unternehmens auswirken kann.


Zudem besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und unethischem Verhalten bei Aufgaben, die besonders anfällig für Betrug oder Verfälschungen sind (Sutcliffe et al., 2016) sowie ein positiver Zusammenhang zwischen arbeitsbezogener Achtsamkeit und dem sogenannten „organizational citizenship behavior“ (Gebauer & Brückner, 2018; Sutcliffe et al., 2016), einem freiwilligen Verhalten am Arbeitsplatz, das sich positiv auf die Funktionsfähigkeit der Organisation auswirkt (Nerdinger, 2019).


Insgesamt fördert Achtsamkeit das soziale Verhalten (Reb et al., 2014) und die Leistungsfähigkeit von Arbeitsgruppen (Sutcliffe et al., 2016). Dies lässt sich anhand der Förderung der Kohäsion im Zusammenhang mit Achtsamkeitsübungen begründen, welche für das sogenannte „Wir-Gefühl“ sorgt (Kabat-Zinn, 2016; Sutcliffe et al., 2016) und hochwahrscheinlich die Produktivität des Unternehmens begünstigt.


Weiterhin kann durch Achtsamkeitstrainings die Verhandlungskompetenz verbessert werden (Chang-Gusko et al., 2019; Reb et al., 2014; Sutcliffe et al., 2016); im Vergleich handelten jene, die vor einer Verhandlung an einer kurzen Achtsamkeitsintervention teilgenommen hatten, mehr für sich aus als die Kontrollgruppe (Sutcliffe et al., 2016). Zudem bewirkt Achtsamkeit eine Umorientierung von einer kontradiktorischen hin zu einer kollaborativen Denkweise, was ebenfalls für Verhandlungen sowie das Betriebsklima von Vorteil ist (Reb et al., 2014).


Schließlich wird die Wirksamkeit und Relevanz von Achtsamkeit in Zeiten tiefgreifender und langfristiger Veränderungen in Unternehmen betont - die Qualität, vollkommen in der Gegenwart sein zu können spielt hierbei eine große Rolle, „[...] denn nur sie könne effektiv verändert werden.“ (Gertz, 2016, S. 52). Glomb et al. (2011) formulieren die Vermutung, dass die Effekte von Achtsamkeit verstärkt wirken, wenn sich das Personal eines Unternehmens mit besonders herausfordernden Aufgaben konfrontiert sieht, in kulturübergreifenden Situationen, in Situationen in denen emotionale Regulation gefordert ist oder in Zeiten, in denen große Veränderungen (z.B. Restrukturierungen, Personalabbau, Fusionen) vorgenommen werden. Achtsamkeit könnte also beispielsweise als gezielte Maßnahme im Change-Management verankert werden und ein Faktor zur erfolgreichen Umsetzung dieser Änderungen darstellen (Chang-Gusko et al., 2019; Glomb et al., 2011).


Eine achtsame Umgangsform im Arbeitsalltag führt insgesamt zu effizienteren und präziser ausgeführten Arbeitsabläufen, reduziert Komplexität und Konflikte, vermeidet das Übersehen kleiner, aber wichtiger Details und sorgt für einen empathischeren Umgang unter den Beschäftigten (Kabat-Zinn, 2016). Die Auswirkungen dieser subtilen, aber täglichen und allgegenwertigen positiven Veränderungen kann in Summe einen großen Unterschied machen.

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